Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde [1]; um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und sagte: Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? [...] Jesus aber schrie wieder mit lauter Stimme und gab den Geist auf. (Mt 27,45-46.50) [2]
Mondphasen und Sonnenfinsternis
Abb. 1 |
Der Mond ist kein selbstleuchtender Himmelskörper wie die Sonne. Wir können den Mond nur deshalb sehen, weil er das von der Sonne kommende Licht reflektiert. Da der Mond nicht immer an der gleichen Stelle steht, sondern sich um die Erde dreht, ändert sich für uns sein Aussehen (vgl. Abb. 1). Je nach Stellung des Mondes sehen wir ihn voll (Vollmond, Position 3), halb (Positionen 2 und 4), als Sichel oder gar nicht (Neumond, Position 1).
Bei einer Sonnenfinsternis wird die Sonne durch den Mond ganz (totale Sonnenfinsternis) oder nur teilweise (partielle Sonnenfinsternis) bedeckt, vgl. Abb. 2. Da bei einer partiellen Sonnenfinsternis die Sonne nur zum Teil verdeckt ist, kommt noch Licht von der Sonne auf die Erde. Es ist weniger hell, aber nicht richtig finster.
Abb. 2 |
Damit der Mond die Sonne verdecken kann, muss er zwischen Erde und Sonne stehen. Das ist nur bei Neumond möglich. Da die Mondbahn gegen die Bahn der Erde um die Sonne um ca. 5° 9' geneigt ist, tritt eine Sonnenfinsternis nicht jeden Monat auf, sondern nur dann, wenn der Zeitpunkt des Neumondes mit einem Durchgang des Mondes durch den Schnittpunkt von seiner Bahn mit der Bahn der Erde um die Sonne zusammenfällt.
Der Mond benötigt 27,3 Tage (genauer: 27 Tagen 7 Stunden 43 Minuten 11,5 Sekunden), um sich einmal um die Erde zu bewegen. Infolge des Umlaufs der Erde um die Sonne verlängert sich die Zeit zwischen zwei Vollmonden allerdings auf 29,5 Tage (genauer: 29 Tage 12 Stunden 44 Minuten 3 Sekunden), da der Mond sich noch etwas weiter bewegen muss, um wieder in einer Linie mit Sonne und Erde zu stehen.
Mondjahr
Der jüdische Kalender benutzt bis heute ein gebundenes Mondjahr. Die Monate haben verschiedene Längen von 29 oder 30 Tagen. Das Jahr besteht aus 12 oder 13 Monaten und hat eine Länge von 353, 354, 355, 383 oder 385 Tagen. Der erste Monat des religiösen Jahres ist der Monat Nisan, der auf die Zeit März/April fällt.
Die Monate beginnen immer bei Neumond. Folglich tritt Vollmond am 14. oder 15. eines Monats auf. Das jüdische Passah-Fest wurde am 14. des ersten Monats gefeiert [3], d.h. zur Zeit des Vollmondes. Da eine Sonnenfinsternis aber nur bei Neumond auftreten kann und Jesus zur Zeit des Passah-Festes gekreuzigt wurde, ist eine Sonnenfinsternis als Ursache der Finsternis vor Jesu Tod ausgeschlossen!
Dauer einer Sonnenfinsternis
Neben der Gestirnkonnstellation spricht noch ein weiterer Grund gegen eine Sonnenfinsternis. Der für eine totale Sonnenfinsternis notwendige Kernschatten wandert aufgrund der Bewegung von Mond und Erde mit einer Geschwindigkeit von 28 km/min über die Erdoberfläche hinweg (am Äquator). Daraus ergibt sich eine maximale Totalitätsdauer von 8 Minuten. Eine dreistündige Finsternis, wie im Matthäus-Evangelium beschrieben, ist auch aus diesem Grund nicht möglich.[4]
Schlussfolgerung
Gott hat die Sonne verfinstert - aber es handelte sich nicht um das uns bekannte Phänomen der Sonnenfinsternis.
Theologische Aspekte
Die Finsternis war mehr als eine Dramaturgik Gottes angesichts des Todes seines geliebten Sohnes. Die Finsternis symbolisiert die Abwesenheit Gottes.[5] Damit ist sie zunächst ein Symbol für die Finsternis, die Jesus empfand, als der Vater ihn verließ (Mt 27,46). Da Gott zu rein ist, um Böses auch nur anzusehen,[6] konnte er die Gemeinschaft mit seinem Sohn nicht aufrecht erhalten, als dieser unsere Sünden trug, indem er für uns zur Sünde gemacht wurde.[7]
Die Finsternis kam aber nicht nur über den Ort, an dem Jesus gekreuzigt wurde, sondern über das ganze Land. Deshalb zeigte sie in erster Linie an, in welche Finsternis Israel stürzte, als es den Messias verworfen und gekreuzigt hatte.
Aber auch wir sind bzw. waren nicht besser dran. Jeder Mensch, der nicht durch den Glauben an Jesus Christus errettet ist, befindet sich in (geistlicher) Finsternis. Genauer: in der Macht der Finsternis, d.h. in der Macht des Teufels.[8] Doch es gibt einen Ausweg aus dieser Finsternis. Wie oben bereits erwähnt, hängt die Finsternis mit der Sünde zusammen. Jeder Mensch ist von Natur ein Sünder. Er ist damit in der Finsternis und ein Kandidat des Todes.[9] Doch als Jesus starb, geschah das nicht aufgrund eigener Schuld, sondern stellvertretend für unsere Sünde (vgl. [7]). Wer daran glaubt und Jesus seine Sünden bekennt, wird aus der Finsternis gerettet. Er wird ein Kind des Lichts und empfängt ewiges Leben.
Eph 5,8 Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts
Kol 1,12-14 dem Vater danksagend, der euch fähig gemacht hat zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht; er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe. In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.
Joh 3,16 Denn so hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.
Abkürzungen
Apg | Apostelgeschichte |
Eph | Brief an die Epheser |
Hab | Habakuk |
Joh | Johannes-Evangelium |
Kol | Brief an die Kolosser |
2.Kor | 2. Brief an die Korinther |
3.Mo | 3. Buch Mose |
Mt | Matthäus-Evangelium |
Röm | Brief an die Römer |
Fußnoten
[1] | In neutestamentlicher Zeit teilte man Tag und Nacht in je 12 Stunden ein, wobei sich die Länge der Stunden nach der Länge des Tages zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang richtete. Das Ende der 6. Stunde fiel dabei also immer auf den Mittag 12 Uhr unserer Zeit. Die neunte Stunde endete gegen 15 Uhr. <zurück> |
[2] | Alle Bibelstellen werden nach der Revidierten Elberfelder Bibelübersetzung (R. Brockhaus Verlag) zitiert. <zurück> |
[3] | 3.Mo 23,5 Im ersten Monat, am Vierzehnten des Monats, zwischen den zwei Abenden, ist Passah dem HERRN. <zurück> |
[4] | Gitt, W.: Signale aus dem All. Wozu gibt es Sterne? (cLv) Bielefeld 1993. S. 95 <zurück> |
[5] | Mt 22,13 Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Füße und Hände, und werft ihn hinaus in die äußere Finsternis: da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein. Mt 25,30 Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußere Finsternis: da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein. <zurück> |
[6] | Hab 1,13 Du hast zu reine Augen, um Böses mitansehen zu können, und Verderben vermagst du nicht anzuschauen. [...] <zurück> |
[7] | Jes 53,4-5 Jedoch unsere Leiden - er hat sie getragen, und unsere Schmerzen - er hat sie auf sich geladen. Wir aber, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden. 2.Kor 5,21 Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm. <zurück> |
[8] | Apg 26,17-18 Ich werde dich herausnehmen aus dem Volk und den Nationen, zu denen ich dich sende, ihre Augen zu öffnen, daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind. <zurück> |
[9] | Röm 3,23 denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes Röm 5,12 Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben. <zurück> |